"Köln - Formentera" transalp i
Vorgeschichte
„Ein Mann muss tun, was er tun muss.“ Kunstpause.
Ute ist ganz angetan von dem Spruch, den sie da gerade von einer ihrer Freundinnen als Kurznachricht erhalten hat.
Ich ahne bereits, was folgt.
„Und eine Frau sagt ihm, was das ist.“, so in der Richtung hatte ich mir das vorgestellt.
Respektloser Haufen, aber so sind sind sie – und doch irgendwie liebenswert.
Nichtsdestotrotz – muss ich mir Gedanken um mich machen?
Bin ich anders, als die anderen Kerle?
Nicht, dass ich davor Angst hätte oder dass ich den Spruch schlecht finde, aber der Nachsatz?
Ginge es danach, wüchse im Garten ein grüner, kurz geschnittener Golfrasen,
der Keller wäre aufgeräumt und die Wände im Haus wären frisch gestrichen.
Das Problem dabei nur: die Liste ließe sich endlos fortsetzen – und wo bliebe Mann dabei?
Entsprechend mutiert bei uns der Garten eher zum Urwald,
im Keller liegt unten, was am längsten nicht mehr benötigt wurde,
auf den Wänden ließen sich unterschiedliche Weißtöne bewundern,
würde man probeweise einen Pinselstrich frischer Farbe auftragen, und so weiter.
Statt dessen sitze ich nach Feierabend auf dem Fahrrad, um dem Bewegungsdrang nachzukommen,
hocke Abends vor dem Bildschirm, um zu schauen, welche neuen Wege man unter die Räder nehmen könnte,
und treibe mich im Urlaub auf dem Wasser herum, was ja auch nicht unwichtig ist.
Man(n) will sich ja nicht einseitig beschäftigen, und wozu gibt es Kajaks, Segel und Surfbretter.
Überhaupt – ginge es nach mir, wäre ich Ende April Richtung Island aufgebrochen.
Mit dem Rad, für circa acht Wochen. Oder neun, oder zehn.
Einer An- und Abreise mit der Fähre hätte ich gegenüber der mit dem Flieger eindeutig den Vorzug gegeben.
Die Erkenntnis der beiden voran gegangenen mehrwöchigen Reisen,
dass es mir dort am besten gefiel, wo am wenigsten los war,
und davon verspreche ich mir auf Island eine Menge,
sowie Reiseberichte wie der von Hans-Jürgen, dem in Tasmanien lebenden Hammer
(also dem Herrn, der zuvor in Hamm/Westfalen lebte), den wir auf dem Weg zum Nordkap begegneten,
ließen den Wunsch keimen, die Insel im rauen Nordatlantik selbst in Augenschein zu nehmen,
doch dann gab es da dieses Projekt des Hauptsponsors,
das sich nicht mit dem eigenen Vorhaben in Einklang bringen ließ.
Hat man halt davon, wenn man finanziell nicht unabhängig ist.
Eigene Schuld, sozusagen.
Aber aufgeschoben heißt ja nicht aufgehoben.
So wuchs die Idee nach einer Alternative zur Dezimierung der eigens für ausgedehntere Reisen angesparten Überstunden.
Eine erneute Tour nach Formentera. Formentera? Welch Überraschung! Gab es das nicht bereits?
2011,
auf direktem Wege, oder
2013,
mit einem Schlenker zunächst gen Norden?
Eine ebenfalls im Hinterkopf bestehende „große Route“ mit mindestens 6000 Kilometern scheidet aus terminlichen Gründen aus.
Es sollte schon die Zeit der langen Tage und lauen Nächte genutzt werden
und sich mit Utes Jahresurlaub kombinieren lassen,
der alljährlich in die zweite Hälfte von Nordrhein Westfalens Sommerferien fällt.
Da für meine einzige und somit Lieblingsfrau zunächst mehrmonatige Touren ebenso wenig in Betracht kommen
wie Routen mit größerer Anzahl an Höhenmetern heißt dies,
das der Radelei drei Wochen gemeinsamer Strandurlaub auf der Insel des Vertrauens voraus gehen.
Wie es der Zufall will, führt uns der Weg ebenfalls nach Formentera,
befindet sich doch dort die Ferienresidenz, die wir unser eigen nennen dürfen.
Da mir zudem daran gelegen ist, nicht unbedingt am Tag nach Erreichen des Ziels aus eigener Kraft
wieder mit der Arbeit zu beginnen, sondern statt dessen wenigstens zwei Wochen die Beine hoch zu legen
oder Sand zwischen den Zehen rieseln und Eindrücke sacken zu lassen,
bleiben von einer zwölfwöchigen Auszeit gerade noch sieben Wochen für das Pedalieren – wahre Probleme also!
Bei einem Tagespensum von 70 Kilometern, einem Wochenschnitt von somit etwa 500 Kilometern,
komme ich gemäß Adam Riese auf insgesamt rund 3500 Kilometer.
Mit ein wenig Einsatz mehr mögen 4000 möglich sein,
aber dann sollte auch so langsam die Schallmauer erreicht sein –
es soll ja nicht darum gehen, Kilometer zu fressen oder Rekorde aufzustellen.
Dafür sind andere zuständig.
Unter Berücksichtigung dieser Randbedingungen fällt meine Wahl auf eine Fahrt über die Alpen.
Schon mehrfach stieß ich in diesem Zusammenhang auf eine alte Römerstraße,
die sich für gemäßigte Reiseradler anbietet.
Keine übermäßigen Steigungen, über weite Strecken frei vom motorisierten Verkehr
und mit einer geeigneten Infrastruktur, was Übernachtungen und Verpflegung anbelangt.
Spätestens von Füssen aus geht es in die Berge,
und ob man nach der Bewältigung von Fern- und Reschenpass den Weg Richtung Gardasee oder Venedig einschlägt,
muss jeder für sich selbst entscheiden.
Den Wegbereitern waren wohl beide Ziele wichtig.
Der Name dieser antiken Piste: Via Claudia Augusta.
Stellt sich zunächst also nur noch die Frage: wie gelange ich nach Füssen, und wie von Tirol aus zu den Balearen?
Nach einigen Recherchen entschließe ich mich,
vorhandene Fernradwege nutzen zu wollen,
was die Ausarbeitung von Routen für das Navi vereinfacht,
da sich im Netz entsprechende Daten finden.
Zwar deckt sich nicht alles, was ich mir auf den Rechner lade, mit meinen Vorstellungen,
abschnittweise suche ich mir dann doch meine eigenen Strecken zusammen,
wenn sich stärker befahrene Straßen vermeiden lassen,
aber im Großen und Ganzen bin ich mit der Menge an direkt verwertbarem Material zufrieden.
Letztendlich gelange ich zu folgendem Verlauf:
- von der Haustür in Köln aus über die Felder zur Sieg (20 km),
- D-Route 4, die Mittelland-Route, über Siegen und Marburg bis an die Fulda (283 km),
- D-Route 9, die Romantische Straße, über Fulda, Würzburg, Rothenburg ob der Tauber, Donauwörth bis Augsburg (411 km),
- Via Claudia Augusta, über Meran, Bozen, Treviso nach Venedig (751 km),
- Eurovelo Route 8, die Mittelmeer-Route, oder das, was ich dafür halte; den Po hinauf bis Turin, hinunter an das Mittelmeer bei Monaco, über Nizza, Cannes, Béziers, Narbonne bis an die Pyrenäen, auf deren spanischer Seite weiter bis Barcelona und, wenn sechs Wochen bis dahin nicht deutlich überschritten sind, durch das Ebrodelta weiter bis Dénia, wo spätestens der Umstieg auf die Fähre nach Ibiza beziehungsweise Formentera erfolgt (Italien: 922 km; Frankreich: 689 km; Spanien: 750 km). Leider geben die Eurovelo Seiten im Internet noch immer keine „offizielle“ Version ihres Streckennetzes her (Stand: Juli 2015), so dass ich hier und da meine eigene Interpretation anhand attraktiv erscheinender Wege treffe.
Was die Ausrüstung betrifft, so kann ich aus dem Fundus schöpfen,
der sich im Laufe der letzten vier Jahre angesammelt hat.
Lediglich hinsichtlich des Fortbewegungsmittels bin ich lange Zeit unschlüssig.
Nehme ich das Reiserad, das ich mir eigens für Island angeschafft habe,
mit den breiteren Reifen für „rustikaleres“ Gelände,
oder gebe ich dem noch neueren Liegedreirad den Vorzug, das entspanntes Dahingleiten verspricht,
ohne dass Handinnenflächen oder Sitzfleisch malträtiert werden; hat auf jeden Fall seinen Charme.
Eine „Proberunde“ von Dortmund nach Köln ist es nicht, die mich von dem neuen Gefährt abbringt.
Zumindest nicht die Bewältigung der auf dem Wege befindlichen Höhenunterschiede.
Das eine oder andere Mal mag ein Zweirad vorteilhafter sein,
mit dem ich im Wiegeschritt vielleicht etwas zügiger voran gekommen wäre,
doch es waren auch Hügel dazwischen, die ich bei sonst aufrechter Fahrweise schiebe,
wohingegen ich den Sitz des Dreirades nicht verlasse.
Und das eine Mal, das das Hinterrad auf dem Waldboden durchdrehte,
wäre ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch vom Zweirad abgestiegen.
Ausschlaggebend war eher der Singletrail, der nur Schulter breite Trampelpfad, auf den ich mich verfahren hatte
und die Tatsache, dass ich im Zuge der Feinplanung einige Wege in Frankreich und Italien einbezog,
die ähnlich geartet sein könnten, verstehe ich in der OSM Karte den Hinweis
„Pfad, MTB (also Mountainbike) tauglich“ richtig.
Auch vermeide ich mit meiner Entscheidung weitere Investitionen,
die entweder in Liegerad-Packtaschen oder in eine Lowrider-Halterung für das Trike zu tätigen gewesen wären.
Dafür werde ich aber den faltbaren Campingstuhl im Gepäck haben,
auf den ich bei Verwendung des Fahrzeugs mit „integrierterm“ Sitz hätte verzichten können;
ein bisschen Luxus bin ich mir durchaus wert.
Es bleibt also das bereits bekannte Für und Wider und die Bestätigung der Weisheit,
dass das Leben ein Kompromiss ist.
Neben der Komfort–Sitzgelegenheit gibt es noch eine knappe Hand voll weiterer Dinge, die neu in die Taschen wandern.
Zum einen wäre da das Einmannzelt, verspricht es doch, auch ohne abgespannt werden zu müssen,
frei stehen zu können, womit mir Probleme erspart bleiben sollten wie in Portugal,
wo ich zwei Jahre zuvor auf sandigem Boden meiner Behausung nach einem Windstoß hinterher laufen konnte,
bevor es an das Einsammeln der heraus gerissenen Heringe ging.
Darüber hinaus werden ein Waschbeutel sowie der Wassersack mit Duschaufsatz Leerräume füllen,
auf dass die tägliche Hygiene nicht leide, auch wenn ich mal einen Tag ohne Campingplatz auskommen muss oder will;
bleibt mir nur, mich rechtzeitig um Wasser zu kümmern.
Keinen Platz im Gepäck beansprucht der vom ADFC angebotene Fahrrad-Pannenschutzbrief.
Ähnlich wie das Pendant von der entsprechenden Interessengemeinschaft für Automobilisten
verspricht er Europa weite Hilfe im Bedarfsfall rund um die Uhr.
Mit 20 Euro zuzüglich der 60 Euro Jahresbeitrag für die Mitgliedschaft im Verein
und für alle Haushaltsmitglieder geltend ein überschaubarer Betrag für etwas,
auf das hoffentlich keiner zurückgreifen muss.
Für den Zweifelsfall aber verspreche ich mir reduzierte Mühen und Kosten – Abenteuer „light“ oder „2.0“, sozusagen.
Bezüglich der Technik greife ich auf ein neues Ladegerät zurück, das den Strom vom Nabendynamo abgreift,
ansonsten bleibt alles beim Alten: der Pufferakku, um die während der Fahrt gewonnene Energie zu speichern,
das Navigationsgerät, um der geplanten Route folgen und die gefahrene Strecke aufzeichnen zu können,
eine Stirnleuchte, um auch Nachts nicht im Dunkeln zu stehen,
ein USB-Ladegerät zur "Betankung" der Akkus für die beiden zuvor erwähnten Geräte,
die Fotokamera sowie das Smartphone für den Internetzugang,
die Unterhaltung in Form von Musik und E-Books,
als „externes“ Gedächtnis mit seiner Diktiergerätsfunktion – ach ja, und zur telefonischen Erreichbarkeit,
sofern Mobilfunknetze es zulassen.
Am 17.7. ist es dann soweit.
Der letzte Arbeitstag fällt mit dem Abflugtag Richtung Formentera zusammen.
Die „offenen Baustellen“ in der Firma sind nach bestem Wissen und Gewissen in die Hände der Kollegen übergeben,
der jüngste Sohn räumt das Feriendomizil
und die wesentlichsten Vorbereitungen für die in drei Wochen starten sollende Radtour sind abgeschlossen.
Konditionelle Fortschritte verspreche ich mir von dem Strandurlaub nicht.
Es dürfte eher weniger geradelt werden als Zuhause in und um Köln;
Einkaufsfahrten ins Dorf beschränken sich auf 5 Kilometer,
zum „Sommerstrand“, an den Abschnitt vor der Apartment-Anlage Voga-Mari,
sind es auch nicht mehr als 15 Kilometer hin und zurück, mit viel gutem Willen,
und die 170 Meter hoch auf die Mola, die Hochebene der Insel, rauf zum Hippiemarkt,
werden wahrscheinlich nur zwei mal abgestrampelt werden,
wobei auch dorthin nur auf Umwegen jeweils 40 Kilometer zu erreichen sind.
Ob ich ersatzweise in die Pedalen des Tretantriebs des Kajaks trete? Man wird sehen.
Bläst der Wind kräftig genug, und davon gehe ich aus,
kommen vorzugsweise die beiden Ausleger rechts und links des Rumpfes, auf dem ich sitze,
sowie das Segel zum Einsatz.
Oder ich übe mich im Windsurfen - wäre ja auch mal ein Fortschritt wenn mir der Richtungswechsel gelänge,
ohne dabei abzutauchen.
Gespannt bin ich jedenfalls darauf, wie sich das Zeitgefühl entwickelt.
Wird die zweite Urlaubshälfte wieder deutlich schneller verstreichen als die erste?
Werde ich den Abflugtag diesmal herbeisehnen, anstatt ihm entgegen zu trauern?
Fragen, die die Welt bewegen – zumindest meine kleine ...
Reisetagebuch
Die nachfolgenden Einträge entstanden während der Reise.
Passt ein Satzende nicht zum Anfang,
hat sich ein falsches Wort eingeschlichen
oder fehlen Buchstaben, Punkte oder Kommas
oder sind diese in die falsche Reihenfolge geraten,
so mag es nach den Kilometern des Tages,
an Konzentration sowie Zeit und Muße für eine Korrekturlesung gemangelt haben und ich bitte um Nachsicht.
Wer Fehler findet, der mag sie behalten oder mir diese gerne mitteilen.
Ansonsten freue ich mich auch und gerade unterwegs über Mitleidsbekundungen, Durchhalteparolen, Tipps und Empfehlungen,
was ich mir auf keinen Fall entgehen lassen darf,
oder Anekdoten aus dem eigenen Leben, selbst wenn sie nichts mit dieser Tour zu tun haben.
Sollte während einer Tour die tägliche Berichterstattung mal auf sich warten lassen
– fehlende Kommunikationsinfrastruktur, leere Akkus oder Begegnungen mit netten Mitmenschen mögen die Ursache sein.
Nun aber: viel Spaß bei der Lektüre. Sollten beim Lesen Fragen aufkommen - fragen!
2015-09-07
29. Tag: 103 Kilometer (Gesamt: 2822); 987 Höhenmeter; 561 Meter max. Höhe
Strecke: Nähe Salernes (08:15 Uhr) - Nähe Céreste (17:15 Uhr)
Wetter: sonnig, 25°
Einmal mehr überlebe ich eine Nacht, ohne belästigt zu werden. Der Fluss hinter dem Zelt rauscht friedlich, es stört sich niemand daran, dass ein Zelt auf dem Wohnmobilstellplatz steht, und als ich bei noch frischen Temperaturen meiner Behausung entsteige um mir die Zähne zu putzen, habe ich den Eindruck, dem nachkommen zu können, ohne observiert zu werden. Bei dem entsprechenden Nachbarn im Wohnmobil sind noch sämtliche Vorhänge zugezogen.
Kaum sind die ersten Meter geradelt, stelle ich fest, dass es dort einen noch viel besseres Plätzchen zum Übernachten gegeben hätte, aber so ist das halt. Da sucht und sucht man, ist froh, etwas zu finden, und die nächste Ecke herum wäre es noch genialer; ob es den Schlafplatz betrifft, einen Rastplatz oder die Einkaufsmöglichkeit - immer wieder das Gleiche. Nur halt ohne Verlass. Insofern habe ich es aufgegeben, Entscheidungen zu bereuen. Nachher ist man immer schlauer.
Vom Streckenverlauf her ändert sich auf den ersten 40 Kilometern nicht viel. Es geht mehr rauf als runter, auf den einspurigen Landstraßen ist es am angenehmsten, da am ruhigsten, nur ist man hier recht verlassen, wenn man ein Geschäft oder einen Brunnen sucht. So überrascht es wenig, dass es eine zweispurige Piste ist, an der ich nur eine halbe Stunde nach dem Start eine Bäckerei entdecke, nicht erwartungsgemäß ist eher, dass sich diese mitten in der Prärie befindet, dennoch nicht unbekannt zu sein scheint. Ein Kunde nach dem anderen macht halt, darunter auch ein älteres Pärchen im sportlichen Radlerdress, das auf morgendlicher Runde unterwegs ist und mir Unterhaltung beim Frühstück beschert.
Nach fast 15 Kilometern auf ebener Strecke, zwischen Vinon-Sur-Verdon und Manosque, gelange ich in die Haute-Provence. Statt Wein und Oliven erwarten mich hier Wälder und Felder und ich überlege, ob die Berge, die im Osten liegen, die sind, durch die ich an das Meer gelangt bin, sprich der Tende.
In einem der Orte lege ich eine kurze Pause ein, investiere 13,50 Euro in ein Tagesmenü, Gerichte zur Auswahl gibt es keine. An sich Schade, gedanklich hatte ich eher einen Salatteller vor mir gesehen. Dass das Thermometer auf dem Dorfplatz zwischen 30° und 32° pendelt halte ich für übertrieben. Im Schatten ist es angenehm frisch, in der Sonne fühlt man sich jedoch auch nicht verkehrt aufgehoben; zumindest fühle ich mich mit dem langärmligen Trikot über dem T-Shirt nicht falsch gekleidet. Lese ich die E-Mails, die mich erreichen, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass man in der Heimat mit dem Gedanken spielt, die Heizung anzustellen. Aber wie bereits zuvor geschrieben - Entscheidungen halt.
Ab 16:00 Uhr halte ich nach einem neuen Stellplatz für das Zelt Ausschau. Die Probleme scheinen immer dieselben zu sein. Sieht man ein attraktives Plätzchen, hat man kein Wasser, hat man selbiges, fehlt es an besagten Plätzchen.
Auf dem Bauernhof, auf dem ich frage, ob ich für die Nacht bleiben kann, in der Hoffnung, sowohl Wasser als auch einen Flecken Erde zu erhalten, werde ich abgewiesen. Freundlich, aber bestimmt. Nur wenige Kilometer weiter gäbe es einen Campingplatz. Dann halt den. Im nächsten Ort, Céreste, hake ich noch mal nach. Ja, auf dem Weg nach Apt gibt es einen. Das Radlerpärchen, deren Taschen behängte Vehikel vor der Bar stehen, in der ich nach frage, hat andere Sorgen. Das Ehepaar kommt aus dem Süddeutschen, dem Dialekt nach Baden Würtemberg oder Schwabenländle, aber das schließt sich ja auch nicht aus, sucht ein Zimmer, doch die meisten Unterkünfte haben geschlossen, und das Fremdenverkehrsbüro öffnet erst in einer halben Stunde. Also abwarten und Tee trinken - wobei Glas und Färbung des Inhalts eher auf anderes schließen lassen. Ein wenig bedauern die beiden, kein Zelt dabei zu haben, wir hätten sicher einen geselligen Abend miteinander verbringen können. Kaum bin ich wieder in Bewegung und eine Ecke weiter, wieder dieses in Frage stellen von Entscheidungen. Ich hätte dem Pärchen Gesellschaft leisten sollen, ebenfalls ein Bier beziehungsweise Radler genießen sollen, wer weiß, ob der Campingplatz diesbezüglich bewirtschaftet ist?
Ob mein Entschluss schlauer war oder nicht mag dahin gestellt bleiben, zumindest brauche ich ihm nicht nachzutrauern. Auf dem einfachen aber sauberen und preiswerten Campingplatz, den ein Bauer auf einer seiner Wiesen eingerichtet hat, lerne ich mit meinen Nachbarn ein Frührentner Ehepaar aus Holland kennen. Das Aufladen der Akkus lässt mich mit ihnen in Kontakt kommen, und nachdem die obligatorischen Handgriffe und Arbeiten erledigt sind, bietet man mir ein Bier an. Da kann ich natürlich nicht widerstehen, aus dem einen Bier werden zwei, und dazu kommt eine nette Unterhaltung. Reisen, Lebenserfahrungen, Wertvorstellungen - wir verstehen uns gut. Ob es an den Berichten über bisheriges Entgegenkommen liegt oder woran auch immer, die Sonne ist bereits untergegangen, Augenblicke später ist es auch schon empfindlich frisch, da erhalte ich auch noch eine warme Mahlzeit sowie einen Kaffee. Wie bereits Eingangs geschrieben, man weiß halt nicht, was einen erwartet, und so endet ein weiterer Tag dieser Reise auf sehr angenehme Art und Weise.
Ausrüstung
Rad + Zubehör
- Koga Worldtraveller 29 bereift mit Schwalbe Marathon Plus
- 1 Packtasche Ortlieb Rack Pack (31l)
- 1 Paar Packtaschen Ortlieb Back Roller (2 x 20l)
- 1 Paar Packtaschen Ortlieb Front Roller (2 x 12,5l)
- 1 Lenkertasche Ortlieb Ultimate 4 (6l)
- 1 Ladegerät Busch & Müller E-WERK
- 1 Fahrradschloss Abus Bordo X-Plus 6500/85 sowie ein Stahlseil Abus Cobra zur Sicherung des Rades
- 1 Kabelschloss Abus Globetrotter 202/90 zur Sicherung des Gepäcks
- 1 Spanngurt a 1.5 m
- Werkzeug, Flickzeug und Ersatzteile (u.a. Schläuche, Speichen, Bremsbeläge, Kettenschlösser, Kettenöl, kleine Doppelhub Luftpumpe)
Camping
- Zelt Hilleberg Soulo + Footprint + 5 Sandzeltanker
- Isomatte Therm-a-Rest ProLite Plus large sowie Reparaturflicken
- Kopfkissen Therm-a-Rest Compressible Pillow
- Helinox Klappstuhl
- Daunen-Schlafsack Meru Kolibri
- großes und kleines Microfaser Handtuch sowie Waschlappen
- Ortlieb Faltschüssel, Wassersack + Duschvorsatz
- Scrubba Waschsack (Outdoor "Waschmaschine")
Bekleidung
- Kappe
- T-Shirts
- Pulli
- Slips
- Hosen
- Socken
- 1 Paar Turnschuhe, Sandalen
- Badehose
- Weste (Windbreaker)
- Multifunktionstuch (Buff)
- Regenbekleidung (Jacke, Hose, Gamaschen)
- Mütze
- 1 Paar Fahrrad Handschuhe (die ohne Fingerspitzen)
- Fahrradhelm, Warnweste
Technik
- 1 Netbook Asus eee R101
- 1 GPS Gerät Garmin etrex Vista HCx mit Kartenmaterial OpenFietsMap (s.u.)
- 1 Kamera Panasonic Lumix FZ38
- 1 Smartphone Samsung Galaxy S3 mini mit deutscher Prepaid Karte
- 1 Sanyo eneloop USB-Ladegerät MDU01 zum Aufladen von 2 AA bzw. AAA Akkus
- 1 POWERTRAVELLER Minigorilla Ladegerät mit Adaptern für die zuvor genannten Geräte
- 1 Stirnleuchte
- Ersatzakkus für Navi & Taschenlampen
Sonstiges
- Kulturbeutel mit Zahnbürste, Zahnpasta, Shampoo, Rasierapparat/Haarschneidemaschine
- Sonnenbrille, Lesebrille (man ist ja nicht mehr so ganz jung)
- Armbanduhr
- Klappschaufel, Toilettenpapier
- 3m Seil und Wäscheklammern
- 1 Rolle (5m) Duck Tape, handvoll Kabelbinder
Links
Haftungshinweis:
Trotz sorgfältiger Kontrolle übernehme ich keine Haftung
für die Inhalte der nachfolgend aufgeführten externen Links;
für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.
Die verlinkten Seiten empfand ich im Zuge der Reisevorbereitung als informativ, lesens- und empfehlenswert.
Sollte wider Erwarten ein Verweis nicht mehr funktionieren,
so bin ich für einen entsprechenden Hinweis dankbar.
Die Reihenfolge der Einträge stellt keine Wertung dar, sondern entspricht im Wesentlichen der, in der ich die Seiten kennen gelernt habe.
Erfahrungsberichte
- Transalp mit "Dr. rad" Andreas Albrecht - Informationen für Radreisenüber die Alpen
- Video einer Alpenüberquerung 2011 über die Via Claudia Augusta von Rainer Dornburg
- Erlebnisse einer geführten Alpenüberquerung von Armin Emmerich
Reiseführer
- Reiseinformationen Europa des ADFC
- Informationen zu Anreise, Reiseziele, Routenempfehlungen, Fahrradmitnahme in Bahn und Bus sowie Adressen in diversen Ländern und Regionen der Fahrradbibliothek Dresden
- EuroVelo - das europäische Radtourennetz
- Radnetz Deutschland - D-Routen
- Via Claudia Augusta
- Offizielle Tourismus Webseite von Formentera
- Inoffizielle Webseite von Formentera (insbesondere interessant: Foren - fonda.de)
Fahrpläne
- Aquabus - preiswerte Fähren zwischen Ibiza und Formentera
- Balearia - Fähren von Barcelona bzw. Dénia nach Ibiza und Formentera
- Mediterranea Pitiusa - Fähren zwischen Ibiza und Formentera
- Trasmapi - Fähren zwischen Ibiza und Formentera
Software
- Openstreetmap - freie Weltkarte
- OpenFietsMap - aus Openstreetmap generierte routingfähige Fahrradkarten (Schwerpunkt: Europa)
- GPS Babel - freie Software zur Konvertierung zwischen verschiedenen Datenformaten (u.a. kml/gdb)
- Google Maps - kostenlos nutzbare Straßenkarte
- Google Earth - weltweite geografische Informationen, auch kostenlos
Reisebekanntschaften
- Marlène und Jérémy aus Toulouse (getroffen am 05.09. in Nizza)
- Thomas und Günter aus Hamburg (getroffen am 10.09. in Aigues-Mortes, 14.09. in L'Escala sowie tags drauf in Arenys)
Mit dem Rad von Köln nach Formentera
es geht auch anders ...
- 2011 - auf direktem Wege: man fängt vielleicht klein an. Den Rhein rauf bis Strasbourg, entlang von Rhein-Rhône-Kanal, Doubs und Saône nach Lyon, Rhône runter, bis zum Mittelmeer, der Küste Richtung Westen folgen, zwischendurch die Pyrenäen überqueren, in Barcelona auf die Fähre steigen - und schon mag ein Interesse geweckt sein, das einen nicht mehr los lässt.
- 2013 - die Nordroute: zunächst in entgegen gesetzter Richtung, gen Norden. Bis dahin, wo es auf der Straße nicht mehr weiter geht. Zum Nordkap. Von dort aus per Fähre nach Hammerfest, Flieger über Tromsø und Bergen nach Aberdeen, aus eigener Kraft via Nordseeküstenradweg bis London, querfeldein über Paris, Bordeaux sowie Bayonne. Im Anschluss an den Jakobsweg schließlich die weitere Umrundung der iberischen Halbinsel bis Dénia.
- 2016 - über Feuer und Eis: per Liegedreirad in den Norden Dänemarks, mit der Fähre übersetzen nach Island sowie nach dessen Umradlung und Durchquerung von Bilbao aus Richtung Mittelmeer. Aus Spaniens Norden in den Süden - mitten durch. So die Idee für die Zeit zwischen Anfang Mai und Ende Juli.
- 2018 - Wintertour: Route fast wie 7 Jahre zuvor, jedoch allein, mit dem Liegedreirad und zu einer anderen Jahreszeit. Ergebnis: gänzlich andere Erlebnisse.