Kanaren Hopping i
Vorgeschichte
Alle Jahre wieder – nicht nur das Christuskind, mit Karneval ist es kaum anders. Nichts gegen Frohsinn, gute Laune, ausgelassenes Sein, wohl aber etwas gegen das hierzulande damit einhergehende Liedgut. Zum Weglaufen – jedenfalls in meinen Ohren und wie bereits seit 2018 mehrfach zu meiner Zufriedenheit praktiziert. Flüchtete ich beim ersten Mal in den sonnigen Süden, begnügte ich mich in weiteren Anläufen mit heimischen Gefilden. Was die weitläufige Umrundung Paderborns, den Trip nach Berlin sowie das Abradeln der Weser von den Quellen bis zu ihrer Mündung jedoch einte? Das, was man in hiesigen Breitengraden damit verbindet. Ausgiebiger Winterschlaf, häufig genug Schietwetter sowie Temperaturen, bei denen zuletzt Schaltung und Bremsen einfroren. Kann man alles mal mitmachen, muss aber für mich nicht zur Gewohnheit werden. Warum nicht also erneut den Zugvögeln hinterher? Ein Traumziel dabei, das schon seit einiger Zeit immer wieder mal ins Bewusstsein flattert: die Kanaren, die Inseln des ewigen Frühlings. Und wie es so ist, spielt man erst einmal mit einem Gedanken – schnell kommt der Zeitpunkt, an dem er einen nicht mehr los lässt. Also die Inseln links von Marokko. Rund um 1989 rückten sie bereits einmal in den Fokus, seinerzeit mit Strandurlauben auf Gran Canaria, Lanzarote und Fuerteventura. Anschließend verloren sie an Attraktivität. Das kleinste touristisch erschlossene Baleareneiland lag näher, war schneller zu erreichen und bot alles, was das Herz begehrte. Was von den besuchten Kanaren in Erinnerung blieb? Landschaftlich durchaus reizvoll, so man auch kargen Erscheinungsformen etwas abgewinnen kann, alles andere als flach sowie leicht von Deutschland aus zu erreichen. Gut dreißig Jahre Abstand hinterlassen allerdings auch Spuren. So ist die neuerliche Vorstellung nicht, abermals vorzugsweise in der Sonne zu brutzeln und gelegentlich in die Fluten zu springen, sondern das Archipel aus eigener Kraft zu durchqueren – wenig überraschend – mit dem Fahrrad. Außerdem schwebt mir eine An-/Abreise vor per Bus, Bahn oder Mitfahrgelegenheit und Fähre anstatt über den Wolken in 10.000 Metern Höhe. Nach einigen Tagen der Recherche hinsichtich Letzterem jedoch eine bittere Erkenntnis: schwierig. Die Fahrradmitnahme gestaltet sich zum gewünschten Zeitpunkt als K.O.-Kriterium, mag ich mich nicht dem Zufall überlassen und mich mit ausgestrecktem Daumen an den Straßenrand stellen. Hätte zwar sicherlich auch seinen Charme doch es gibt ein weiteres und nicht unwesentliches Kriterium: ich will bis Ostern wieder zurück sein bei Frau, Familie und Freunden. Nachdem ich im Netz Flüge zu Preisen finde, die unter denen der Fähren vom spanischen Festland aus liegen, hänge ich am Haken. Was sind schlechtes Gewissen und Flugscham gegen Black-Friday Köder? In den letzten Novembertagen kosten mich Köln – Lanzarote Ende Januar sowie sechs Wochen später La Palma – Düsseldorf weniger als 400 Euro – einschließlich Fahrrad. Dass mich die Buchung um den Luxus einer Open-End-Tour bringt? Alles hat seinen Preis. Irgendeinen Tod muss man sterben und auch Fähren fahren nicht auf Zuruf. Warum ich mir die Inseln von Ost nach West vornehme, quasi dem aus Nord-Ost vorherrschenden Passat folge? Die Richtung gestattet es mir, mich langsamer an höher empor ragende Gipfel beziehungsweise Pässe heranzutasten und vielleicht häufiger vom Wind anschieben zu lassen. Wie häufig mich dennoch steilere Passagen aus dem Sattel zwingen oder selbst schiebend fluchen lassen? Ich lasse mich überraschen, sehe mich aber nach meiner Durchquerung der Pyrenäen vorgewarnt. Wird gelegentlich vorkommen, mich aber nicht sonderlich unerwartet treffen. Was beim Planen der Route am Rechner bedenkenlos und mit wachsender Begeisterung schnell zusammen geklickt ist, entpuppt sich mit dem Lenker in der Hand und Boden unter den Rädern auch schon mal als Spaßbremse. Ähnliches schwant mir mit den Temperaturen. Ewiger Frühling, verlockende 20 bis 25 Grad? In den Urlauberhochburgen an den Stränden wohl, doch in den Bergen? Pro hundert Meter Höhe soll es ein Grad kälter sein. Beim Zwanzigfachen dürfte der Gefrierpunkt somit empfindlich nahe rücken. Nun denn. Am Ende ist die am Bildschirm ersonnene Leitlinie gut 1.600 Kilometer lang, führt wiederholt vom Meer einige hundert Meter hinauf und macht auch vor ödesten Landstrichen nicht halt. Dass mich von ihrem Abradeln noch vier Adventswochenenden, ein Jahreswechsel sowie 29 Januartage vom Start trennen? Ist so. Muss ich durch. Ausreichend Zeit, Vorfreude zu genießen. Oder in der Vergangenheit zu schwelgen, wie zum Beispiel auf einer anderen Vulkaninsel.
Reisetagebuch
Die nachfolgenden Einträge entstanden während der Reise.
Passt ein Satzende nicht zum Anfang,
hat sich ein falsches Wort eingeschlichen
oder fehlen Buchstaben, Punkte oder Kommas
oder sind diese in die falsche Reihenfolge geraten,
so mag es nach den Kilometern des Tages,
an Konzentration sowie Zeit und Muße für eine Korrekturlesung gemangelt haben und ich bitte um Nachsicht.
Wer Fehler findet, der mag sie behalten oder mir diese gerne mitteilen.
Ansonsten freue ich mich auch und gerade unterwegs über Mitleidsbekundungen, Durchhalteparolen, Tipps und Empfehlungen,
was ich mir auf keinen Fall entgehen lassen darf,
oder Anekdoten aus dem eigenen Leben, selbst wenn sie nichts mit dieser Tour zu tun haben.
Sollte während einer Tour die tägliche Berichterstattung mal auf sich warten lassen
– fehlende Kommunikationsinfrastruktur, leere Akkus oder Begegnungen mit netten Mitmenschen mögen die Ursache sein.
Nun aber: viel Spaß bei der Lektüre. Sollten beim Lesen Fragen aufkommen - fragen!
2024-02-19
21. Tag: 33 km Kilometer (Gesamt: 792), 984 Höhenmeter, 854 Meter Höhenunterschied
Strecke: Santa Cruz (10:00) - La Cumbre (17:15)
Wetter: sonnig, 20°
Meinen Einstieg auf Teneriffa gehe ich gemächlich an. Da ich mir das Frühstücksbuffet im Hotel für 25 Euro nicht wert war, gibt's Müsli auf der Bettkante. Kurz nach zehn drehe ich eine beabsichtigte Runde durch Santa Cruz, der ich nicht viel abgewinnen kann. Der Lärm, das Gewusel, die visuellen Eindrücke - ich fühle mich überfordert und bin ein wenig enttäuscht, keinen Altstadtkern wie in Las Palmas zu finden, der ein wenig den Charme vergangener Tage versprüht. Statt dessen dreht sich alles um den Kommerz: hier Rabatte, dort kann es nicht exklusiv genug sein und mittendrin ein Decathlon, bei dem meine dorthin bestellten Bremsbeläge noch nicht zur Abholung vorliegen.
Nach einer guten Stunde kehre ich der Inselhauptstadt den Rücken. Auf Radwegen passiere ich entspannt Hafenanlagen sowie Industrie- und Gewerbegebiete und kaum sind zehn Kilometer zurück gelegt, disponiere ich das erste Mal auf Teneriffa um. Ich folge nicht weiter gegen den Uhrzeigersinn noch ein Stück die Küste, quäle mich nicht auf holprigen Pfaden gute 500 Meter einen Hang hoch und lege keinen Schlenker zu zwei Badebuchten ein, der mich neben zwanzig Kilometern locker weitere 500 Höhenmeter kostet, gemutmaßt steilere. Statt dessen biege ich in San Andrės links ab, erklimme erste Passhöhen auf einer TF-12 mit fünf prozentigem Anstieg und genieße irgendwann Meerblicke im Norden wie im Süden. Die fünfhundert Meter nach El Bailadero? Lohnen sich zwar wegen der Aussicht, werden aber weder wie in San Andrės mit dem Besuch einer Bar, noch der Bekanntschaft eines netten Polen honoriert. Der Ansammlung von Häusern fehlt eine Möglichkeit zur Einkehr ebenso wie sich niemand für einen daher gelaufenen Reiseradler interessiert. Dass ich von El Bailadero eine Stunde später noch einmal hören soll? Ahne ich einstweilen nicht.
Über das Cruz del Carmen gelange ich stattdessen auf einen Höhenzug, dem ich noch eine Weile gen Osten folgen soll. In 800 Metern Höhe werde ich dabei von schattigen Wäldern natürlich gekühlt, lerne abermals ein ganz anderes Bild des Archipels kennen, freue mich über eine Dose Cola sowie ein süßes Teilchen an einem Aussichtspunkt von einem kroatischen Pärchen, muss nur gegen halb fünf schlucken als ich an einer Ranger-Station in La Cumbre nachfrage, wo ich bevorzugt übernachten könne: Im Naturschutzgebiet sei das ausgeschlossen und verboten. Im acht Kilometer zurück liegenden El Bailadero gäbe es ein Gästehaus. Eine Möglichkeit, die für mich nicht in Betracht kommt - falsche Richtung und zu weit entfernt. Da ich nichts besseres finde, campiere ich in der Nähe auf einem Waldweg, darauf hoffend, dort unentdeckt zu bleiben, doch ich bin guter Dinge. Das einzige, was ich für den Augenblick verdränge? Wie bekomme ich das Rad zurück auf die Straße? Hang abwärts geht es zumindest einfacher, als es am nächsten Morgen in umgekehrter Richtung der Fall sein dürfte, doch alles zu seiner Zeit ...
Ausrüstung
Rad + Zubehör
- Koga Worldtraveller 29 bereift mit Schwalbe Marathon Plus
- 1 Packtasche Ortlieb Rack Pack (31l)
- 1 Paar Packtaschen Ortlieb Back Roller (2 x 20l)
- 1 Paar Packtaschen Ortlieb Front Roller (2 x 12,5l)
- 1 Lenkertasche Ortlieb Ultimate 4 (6l)
- 1 Stahlseil Abus Cobra zur Sicherung des Rades per Rahmenschloss
- 1 Kabelschloss Abus Globetrotter 202/90 zur Sicherung des Gepäcks
- 1 Spanngurt a 1.5 m
- Werkzeug, Flickzeug und Ersatzteile (u.a. Schläuche, Speichen, Bremsbeläge, Kettenschlösser, Kettenöl, kleine Doppelhub Luftpumpe)
Camping
- Zelt Hilleberg Soulo + Footprint + 5 Sandzeltanker
- Isomatte Therm-a-Rest ProLite Plus large sowie Reparaturflicken
- Kunstfaserschlafsack Mountain Hardwear Lamina Z Flame
- Helinox Klappstuhl
- Microfaser Handtuch sowie Waschlappen
- Faltschüssel, Wassersack + Duschvorsatz (Ortlieb)
- Waschsack (Outdoor "Waschmaschine")
- Sturmkocher-Set mit Spirituskocher (Trangia)
- Brennspiritus, Streichhölzer, Feuerstein/-stahl, Sturmfeuerzeug
- Campingbesteck (Messer, Gabel, Löffel)
- Trinkbecher mit Faltgriff
- Spüli, Geschirrtuch
Bekleidung
- Kappe
- T-Shirts
- Pulli
- Slips
- Hosen
- Socken
- Trekkingschuh/Wanderstiefel
- Crocs-Sandalen
- Badehose
- Weste (Windbreaker)
- Multifunktionstuch (Buff)
- Regenbekleidung (Jacke, Hose)
- Fahrradhelm
Technik
- 1 GPS Gerät Garmin GPSMap 64s mit Kartenmaterial OpenFietsMap (s.u.)
- 1 Kamera Panasonic Lumix FZ300
- 1 Smartphone Gigaset GX290 mit AldiTalk Prepaid Karte
- 2 Powerbank 20000 mAh + Ladegerät
- 1 Solarpanel (Anker)
- 1 USB-Akku-Ladegerät für 2 x AA/AAA (Ansmann Lithium2)
- 1 Stirnleuchte
- Ersatzakkus für Navi & Taschenlampen
Sonstiges
- Kulturbeutel mit Zahnbürste, Zahnpasta, Shampoo, Rasierapparat/Haarschneidemaschine
- Sonnenbrille, Lesebrille (man ist ja nicht mehr so ganz jung)
- Klappschaufel, Toilettenpapier
- Wäscheleine (Sea to summit)
- 1 Rolle (5m) Duck Tape, handvoll Kabelbinder
Links
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Die verlinkten Seiten empfand ich im Zuge der Reisevorbereitung als informativ, lesens- und empfehlenswert.
Sollte wider Erwarten ein Verweis nicht mehr funktionieren,
so bin ich für einen entsprechenden Hinweis dankbar.
Die Reihenfolge der Einträge stellt keine Wertung dar, sondern entspricht im Wesentlichen der, in der ich die Seiten kennen gelernt habe.
- Fremdenverkehrsseite der Kanaren
- La Graciosa.de - ein Reisemagazin
- Blog eines Wanderes
- Canary Vibes - Reiseblog eines kanarisch/deutschen Pärchens
- Radtouren.de - das Radreise-Magazin - u.a. mit Touren auf den Kanaren
- Reisen Reisen - der Podcast - Episode über Teneriffa
- Natour - Anbieter von Wandertouren auf den Kanaren
Software
- Openstreetmap - freie Weltkarte
- OpenFietsMap - aus Openstreetmap generierte routingfähige Fahrradkarten (Schwerpunkt: Europa)
- GPS Babel - freie Software zur Konvertierung zwischen verschiedenen Datenformaten (u.a. kml/gdb)
- Google Maps - kostenlos nutzbare Straßenkarte
- Google Earth - weltweite geografische Informationen, auch kostenlos